Toyota Kata unterstützt den Problemlösungsprozess. Ziel ist es dabei, möglichst früh potenzielle Fehler zu erkennen, um diesen proaktiv mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen und die Fehler schon von Beginn an zu vermeiden. Toyota Kata umfasst vor diesem Hintergrund die Haltung, Problemen ergebnisoffen zu begegnen.

 

Problemlösung als dauerhafte Challenge für Unternehmen

Sei es die Herausforderung der fehlenden Zeit, Schwierigkeiten bei der Priorisierung oder schlichtweg mangelndes Methodenwissen: Unternehmen sehen sich bei ihren Problemlösungsanstrengungen regelmäßig vielen verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Oft wird als Reaktion darauf lediglich das Problemsymptom bekämpft, statt sich auf die Problemursache zu fokussieren und sie intensiv und tiefgreifend zu analysieren. Außerdem werden getroffene Abstellmaßnahmen häufig nicht ausreichend dokumentiert. In der Folge wird eine langfristige Problemlösung erschwert und Unternehmen beschäftigen sich mitunter mehrfach mit dem gleichen Problem, verschwenden Ressourcen, Zeit und Energie.

Dabei gibt es längst Methoden, um das Thema anzugehen. Mit der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) etwa lassen sich möglichst früh bereits potenzielle Fehler erkennen, um diesen proaktiv mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen und die Fehler letztlich schon von Beginn an zu vermeiden. Weil aber auch die gründlichste FMEA keine hundertprozentige Sicherheit gewährleisten kann, treten unabhängig von der gründlichen und sorgfältigen Arbeit einer FMEA – zum Beispiel in Vorbereitung eines neuen Produktanlaufs – immer auch Probleme auf, die zuvor niemand auf dem Zettel hatte. Probleme, die anschließend im laufenden Prozess bearbeitet und im Idealfall konsequent gelöst werden.

Eine solche Problemlösung im laufenden Prozess unterstützt die Toyota Kata.

 

Mit der Toyota Kata begegnen Sie Problemen ergebnisoffen

Zum ersten Mal Erwähnung fand die Toyota Kata im gleichnamigen Buch von Mike Rother, der sich über Beobachtungen in den Werken von Toyota intensiv mit der Mentalität der Mitarbeiter beschäftigt und seine Erkenntnisse in Form der Toyota Kata festgehalten hat. Die Bezeichnung „Kata“ geht dabei zurück auf Kampfsportarten, in denen Kata eine Routine zur Übung von (Kampf-)Abfolgen darstellt. Im Lean Management– oder Problemlösungskontext beschreibt die Toyota Kata ebenfalls eine Routine, mit der die Anwender ein strukturiertes Vorgehen und eine proaktive Haltung gegenüber der Problemlösung entwickeln.

Mit dieser Haltung findet eine Abkehr davon statt, vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Im Vordergrund steht stattdessen ein grundsätzlich ergebnisoffenes Denken, das dem hierzulande insbesondere im universitären Umfeld bekannten wissenschaftlichen Arbeiten ähnelt. Analog zu der Formulierung von Hypothesen macht sich der Mitarbeiter in der Toyota Kata Gedanken darüber, welche Erwartungen er an den nächsten Schritt in seinem Problemlösungsprozess stellt und was er glaubt, damit herauszufinden. Gemäß seiner Planung setzt der Mitarbeiter den nächsten Schritt um und kann in der Folge durch einen Abgleich seiner erwarteten mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen wichtige Erkenntnisse sammeln, das eigene Vorgehen reflektieren und so den Lernraum öffnen. Iterativ nähert er sich dabei der Lösung des Problems und durchlebt zeitgleich einen kontinuierlichen Lernprozess. Insgesamt erscheint ein Problem damit nicht zwangsläufig als etwas Negatives, sondern kann eine Chance bieten, die eigene Arbeit, die Prozesse, sich selbst sowie das gesamte Unternehmen Stück für Stück zu verbessern.

 

Im Zusammenspiel aus Verbesserungs- und Coaching-Kata erweitert der Mitarbeiter kontinuierlich seine Wissensgrenze

Über den kontinuierlichen Lernprozess erweitert der Mitarbeiter sukzessive seine Wissensgrenze. In Verbindung mit der Problemlösung – gedacht als Weg zwischen einem aktuellen Ist- und einem gewünschten Soll-Zustand – verläuft dieser in aller Regel nicht geradlinig, sondern ist geprägt von zahlreichen Richtungsänderungen (siehe Bild Hindernisse im Prozessverlauf). Diese Richtungsänderungen ergeben sich aus den unterschiedlichen Herausforderungen und Hindernissen, die dem Mitarbeiter auf dem Weg begegnen. Während die ersten Hindernisse meist noch absehbar sind und mit bestehendem Wissen bearbeitet werden können, sind die meisten Kurswechsel und Richtungsänderungen vor allem durch die vorab nicht erkennbaren Hindernisse bedingt, zu deren Bearbeitung nicht auf vorhandenes Wissen zurückgegriffen werden kann. Genau hier liegt die Wissensgrenze. Und genau hier werden im Vergleich zum eher unstrukturierten Vorgehen zusätzlich zur Lösung wertvolle Lernerfolge erzielt.

In der Verbesserungs-Kata geht es darum, sich über kleine Schritte einem entfernten Ziel-Zustand zu nähern und mit der wissenschaftlich orientierten Vorgehensweise auf dem unbekannten Weg möglichst routiniert und strukturiert auf Hindernisse zu reagieren.

Dabei wird der Weg der Problemlösung in kleinere Etappen unterteilt, die systematisch eine nach der anderen angegangen und absolviert werden. Das iterative Vorgehen, in dem unmittelbar auf kleinste Abweichungen reagiert wird, macht es für den Mitarbeiter durch die strikte Fokussierung auf diesen einen nächsten Schritt einfacher, Verbesserungen und Maßnahmen zur Problemlösung auf den Weg zu bringen. Ist ein Hindernis beseitigt und der Lösungsweg reflektiert, macht sich der Mitarbeiter erneut sein Ziel und seinen aktuellen Ist-Zustand bewusst, um das nächste Hindernis zu identifizieren und seinen nächsten Schritt zu planen.

 

Über die begleitende Coaching-Kata wird der Mitarbeiter in der Verbesserungs-Kata trainiert

Die Mitarbeiter werden bei der Umsetzung im Rahmen der Verbesserungs-Kata durch die Coaching-Kata unterstützt. Die Coaching-Kata stellt eine Coaching-Beziehung dar, in der ein Coach, oft der Vorgesetzte des Mitarbeiters, einen engen und meist täglichen Austausch zu seinem Coachee pflegt, um gemeinsam über aktuelle Herausforderungen, bisherige (Lern-)Erkenntnisse und die nächsten geplanten Schritte zu sprechen. Dieser Austausch erfolgt anhand eines definierten Ablaufs unterstützt durch Fragekarten und wird meist vor Ort unter Zuhilfenahme von Visualisierungs-Boards unmittelbar am Prozess durchgeführt. Auf diese Weise ergeben sich sehr zielgerichtete Gespräche, in denen Informationen besonders effizient ausgetauscht werden und der Mitarbeiter in der Durchführung der Verbesserungs-Kata eng begleitet wird.

Gedanklich abzugrenzen ist der Austausch im Rahmen der Coaching-Kata von einem herkömmlichen Coaching-Gespräch. Rein auf den zeitlichen Umfang geblickt dauert das Coaching der Kata meist nur wenige Minuten und ähnelt eher einem Status-Update als einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit Themen des Coachees. In seiner Rolle als Coach sorgt dieser vor dem Hintergrund der sehr kurzen, aber dafür regelmäßigen Coaching-Einheiten insbesondere dafür, dass eine gewisse Verbindlichkeit entsteht, durch die sich der Mitarbeiter im Idealfall täglich mit dem eigenen Handeln auseinandersetzt und dieses dauerhaft reflektiert.

Der Coach wiederum durchläuft ebenfalls eine eigene Coaching-Kata und wird in seinen Tätigkeiten durch einen anderen Coach, in der Regel sein Vorgesetzter, unterstützt. Dieser Coaching-Ansatz zieht sich kaskadenartig durch bis in die Ebenen des oberen Managements, wodurch die gesamte Organisation Problemlösung betreibt und sich kontinuierlich weiterentwickelt.

 

Mit der Toyota Kata zum kontinuierlichen Problemlösungsprozess

Die Toyota Kata mag sich im ersten Moment nach einem großen Zeitaufwand anhören. Dem ist jedoch nicht so. Stattdessen stiftet sie in Wahrheit gemessen am Zeiteinsatz einen erheblichen Nutzen. Denn wie viel Zeit geht regelmäßig verloren, wenn ein Unternehmen ein Problem zu spät erkennt, sich in bürokratischen Prozessen verliert oder zu lange in eine falsche Richtung läuft? Was kostet es Unternehmen, wenn Probleme nur dürftig abgestellt werden, wie ein aktiver Vulkan aber bei jeder Gelegenheit wieder ausbrechen können? In wie vielen Problemlösungs- und Interventionsrunden dreht sich die Gruppe nur im Kreis und verschwendet viel Zeit für Diskussionen, ohne am Ende zu einem wirklich brauchbaren Ergebnis zu gelangen?

Demgegenüber steht eine Organisation, welche sich täglich durch jeden einzelnen Mitarbeiter im gesamten Unternehmen mit Problemlösung befasst, unbezahlbare Potenziale hebt und den Weg für einen erfolgreichen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) ebnet. Mit den richtigen Hilfsmitteln zur Visualisierung und Strukturierung des Vorgehens – sowohl in Bezug auf die zielgerichtete Problemlösung als auch auf die kurz gehaltenen Coaching-Gespräche – ergeben sich schnelle Status-Updates, insgesamt mehr Transparenz und effiziente Meetings. Ihren Problemlösungsprozessen geben Unternehmen mit Hilfe der Toyota Kata eine klare Struktur, entwickeln kontinuierlich die (Problemlösungs-)Kompetenz ihrer Mitarbeiter und bilden damit eine wichtige Basis für erfolgreiches Lean Management.