Überblick

Der Begriff der „Gleichteilestrategie“ fasst alle Maßnahmen zusammen, die unternehmensseitig ergriffen werden, um bestimmte Bauteile in unterschiedlichen Produkten einsetzen zu können. Mit Blick auf den jeweils zugrunde liegenden Supply Chain-Charakter zielt diese Strategie darauf ab, die Komplexität auf der Prozessseite im Sinne der Wirtschaftlichkeit zu reduzieren und parallel eine möglichst breite Produktvielfalt anzubieten, um den unterschiedlichsten Kundenwünschen umfassend Rechnung tragen zu können. Die Verwendung von Gleichteilen muss dabei – z.B. mit Blick auf die Automobilindustrie – nicht auf deren Nutzung innerhalb einer Baureihe oder gar Marke beschränkt bleiben, sondern kann vielmehr auch baureihen- oder markenübergreifend erfolgen. So werden hier etwa identische Bodengruppen, Motoren, Kabelbäume, Schaltungen etc. in unterschiedlichen Modellen verbaut.

Konzept

Die Gleichteilestrategie erhöht in konzeptioneller Perspektive zunächst den Grad der Standardisierung des Produktionsprozesses über die Reduzierung der Teilevielfalt. Diese Form der Produktionsoptimierung mindert außerdem bereits die Komplexität auf den Stufen der Produktplanungsphase und des Beschaffungsmanagements. Dabei kann sich einzelfallabhängig auch die Verwendung von Teilen rechnen, die per se teurer sind, als entsprechende Individualteile (z.B. Verwendung eines Netzteils in Elektronikgeräten, welches in Absatzgebieten mit unterschiedlicher elektrischen Spannung gleichermaßen betrieben werden kann).Grundsätzlich lassen sich potentielle Mehrkosten des Gleichteils insbesondere über die Reduzierung der Entwicklungs-, Stück- und Lagerkosten kontrollieren bzw. kompensieren. So müssen aufgrund der Reduzierung der Teilevielfalt weniger Teile entwickelt werden. Im Anschluss an die Entwicklungsphase können diese Teile im Rahmen der Gleichteilestrategie in entsprechend hoher Stückzahl produziert werden und es müssen insgesamt weniger Varianten im Lager vorgehalten werden. Zudem kann die Nachfrage – auch im Fall entsprechender Schwankungen – auf unterschiedlichen Absatzmärkten aus dem gleichen Bestands-Pool gedeckt werden, welcher außerdem einen tendenziell niedrigeren Sicherheitsbestand aufweisen wird. Somit werden schnellere Produktneueinführungen durch einen marktadäquaten Bestand an (Alt-)Produkten grundsätzlich begünstigt.

Im Rahmen der Konzeptionierung einer Gleichteilestrategie ist jedoch in der Entwicklungsphase zu gewährleisten, dass die Teile für mehrere Produkte gleichermaßen kompatibel sein müssen. Unter Stückkostengesichtspunkten ist zu bewerten, wie sich der Umstand auswirkt, dass einzelne Gleichteile ggf. über Eigenschaften (z.B. technische Funktionen, Schnittstellen) verfügen, die nicht in allen Produkten zum Tragen kommen. Nachträgliche Änderungen oder Modifikationen am Gleichteil müssen demnach vor dem Hintergrund ihrer Auswirkungen auf die gesamte relevante Produktpalette bewertet, entwickelt, getestet und umgesetzt werden.

Erfolgskritisch hinsichtlich der Verwendung von Gleichteilen ist insbesondere auch die Herstellung von (zumindest vermeintlichen) „Zwillingsprodukten“, die dem Kunden im schlechtesten Fall keine für die Kaufentscheidung relevanten Differenzierungen mehr erlauben. Somit ist es – beispielsweise mit Blick auf die Autoindustrie – angezeigt, Gleichteile in für den Kunden nicht unmittelbar sichtbaren Bereichen (z.B. Bremsen) zu verwenden und umgekehrt bei der Ausstattung des Innenraums oder dem Armaturenbrett tendenziell auf Individualteile zu setzen.

Mehrwert

Über die Gleichteilestrategie kann die Leistung einer Supply Chain unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen individuell und zielgerichtet optimiert werden. Unter dem Gesichtspunkt der Standardisierung können hier die Nutzungspotentiale von Gleichteilen innerhalb der einschlägigen Produktpalette optimiert und Prozesse homogenisiert werden. Unter kalkulatorischer Einbeziehung aller relevanten Kosten (z.B. Entwicklungs-, Stück- und Lagerkosten) lässt sich das Verhältnis zwischen Individual- und Gleichteilen wirtschaftlich bestimmen. Im Endeffekt können durch die Gleichteilestrategie Varianten, Kosten und Zeiten reduziert werden. Auch kann über die Gleichteilestrategie ein späterer Variantenbildungspunkt innerhalb der Supply Chain implementiert werden.